Mietwagenkostenersatz

 

1. Anspruchsgrundlage
Nach einem schuldlos erlittenen Unfall hat der Geschädigte neben den Reparaturkosten oder Ersatz des Wiederbeschaffungswertes wahlweise Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten, von Kosten für andere Verkehrsmittel oder einer Nutzungsausfallsentschädigung. Die Rechtssprechung zu §§ 249 ff BGB ist der Auffassung, dass die durch Vermögensaufwand erkaufte Nutzungsmöglichkeit eines Fahrzeuges einen Gebrauchsvorteil darstellt, bei dessen Wegfall Anspruch auf Schadensersatz besteht ( BGH NJW 66, 1260; NJW 69, 1477; NJW 70, 1120 ).

2. Schadenminderungspflicht
Der schuldlos Geschädigte hat nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB die Verpflichtung, unvernünftigen Aufwand zu vermeiden. Er muss sich so verhalten, wie ein verständiger, wirtschaftlich denkender Geschädigter, der in der besonderen Lage des Anspruchstellers gehandelt haben würde (BGH NJW 75, 160; OLG Düsseldorf NJW 69, 2051; OLG Hamburg VersR 60, 54; OLG Stuttgart VersR 77, 44). Dies bedeutet, die Ausfallszeit, soweit objektiv und subjektiv möglich und zumutbar, gering zu halten. Hierzu gehört im Falle der Reparatur, sich einen Überblick über die Wartefristen der Werkstätten zu verschaffen. Dabei ist es dem Geschädigten zuzumuten, eine andere Vertragswerkstätte aufzusuchen, falls bei seiner sonstigen Vertragswerkstätte Wartezeiten bestehen. Bei noch fahrbereiten beschädigten Fahrzeugen kann es zumutbar sein, zunächst nur eine Notreparatur vorzunehmen und bis zu einer zügigen Reparaturabwicklung mit dem beschädigten Fahrzeug weiterzufahren (OLG Stuttgart VersR 81, 1061; OLG München ZfS 85, 330); dies gilt auch bei überwiegend geschäftlicher Nutzung des Fahrzeugs (OLG Hamm ZfS 85, 231).

In der Rechtssprechung wird überwiegend die Meinung vertreten, dass der Geschädigte vor Anmietung Preisvergleiche am Ort anzustellen hat. Einigkeit besteht darüber, dass er keine Marktforschung betreiben muß (BGH NJW 85, 2639). Es kann aber verlangt werden, dass der Geschädigte sich nach einigen günstigen Mietwagenangeboten zu erkundigen hat (OLG Frankfurt ZfS 92, 230; OLG Düsseldorf r + s 92, 108; OLG Hamm ZfS 92, 338; LG Bielefeld ZfS 92, 373; vgl. auch Überblick von Melzer in DAR 94, 42 sowie Rechtssprechungsübersicht von Bültmann in ZfS 94,1). Bei längerer Anmietung eines Ersatzwagens ist ggf. ein Langzeit- oder Pauschaltarif in Anspruch zu nehmen (OLG Karlsruhe ZfS 92, 197; OLG Nürnberg VersR 94, 235; OLG Hamm r + s 93, 103).

Sind wegen einer außergewöhnlich langen oder weiten Reise hohe Mietwagenkosten zu erwarten, so ist aus dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht zu überlegen, ob bei hohem Schaden ein Interimsfahrzeug auf Kosten des Versicherers erworben wird (OLG Frankfurt VersR 78, 452; VersR 80, 432; VersR 82, 859; OLG Schleswig DAR 91, 24; OLG Köln, VersR 79, 965; OLG Nürnberg MDR 74, 135 (bei einer beabsichtigten Urlaubsreise mit 11.000 km Fahrstrecke); LG Nürnberg - Fürth ZfS 84, 230; OLG Oldenburg VersR 82, 1154 (bei dreimonatiger Reparaturdauer); BGH DAR 85, 347 (bei geplanter fünfwöchiger Urlaubsreise)). Gleiches gilt bei einer langen Wiederbeschaffungsdauer eines neuwertigen Fahrzeugs (OLG Hamm ZfS 91, 234).

Ist der Antritt der Urlaubsreise unaufschiebbar, darf dagegen ein Fahrzeug angemietet werden (LG Bonn, VersR 75, § 56) oder wenn der Kauf eines Interimsfahrzeuges nicht zumutbar ist (OLG Frankfurt VersR 82, 259).

Nach Auffassung der Oberlandesgerichte Köln (VersR 78, 65) und Hamburg (VersR 77, 1033) muss ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Mietwagen- und Reparatur- bzw. Wiederbeschaffungskosten vorliegen, so auch Ag München (VersR 85, 300). Anspruch auf volle Mietwagenkostenübernahme wurde beispielsweise verneint bei einer geplanten 57-tägigen Italienreise (LG Köln VersR 77, 48) oder bei einer 49-tägigen Urlaubsreise mit 10.572 km Strecke (OLG Stuttgart VersR 77, 65), bei einem Wiederbeschaffungswert von DM 1.500.- und Mietwagenkosten von DM 4.300.- (LG Hechingen VersR 82, 609), bei Reparaturkosten von DM 3.700,- und Mietwagenkosten von DM 7.100.- (OLG München ZfS 85, 330). Soweit zumutbar, ist die Urlaubsreise mit der Bahn fortzusetzen (OLG Stuttgart VersR 77, 44; LG Freiburg DAR 84, 153, Mietwagen nach Süditalien für DM 7.400.-).

Ausnahmsweise ist die Anmietung eines Pkw für einen fünfwöchigen Heimaturlaub eines türkischen Arbeitnehmers zulässig, wenn ein günstiger Langzeittarif vereinbart wird und kurzfristiger Ersatzkauf oder Bahnfahrt nicht möglich oder zumutbar sind (OLG München VersR 83, 1064; OLG Stuttgart DAR 81, 292).

Werden täglich nur kurze Strecken zurückgelegt, muss grundsätzlich - soweit verfügbar - ein Taxi genommen werden (LG Wiesbaden VersR 83, 671). Die Untergrenze für die Mietwagenbenutzung ist bei einem Tagesdurchschnitt von etwa 20 - 25 km anzusetzen (OLG München DAR 92, 344; OLG Köln, VersR 75, 145; AG Kassel VersR 82, 53; AG Berlin - Charlottenburg VersR 82, 52; 25 km LG München I DAR 83, 297). Sind Kundenbesuche, u.U. mit Werkzeugen, durchzuführen, liegt bei einer Fahrstrecke von 277 km in zwei Wochen kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vor (LG Karlsruhe VersR 82, 810). Ebenso ist bei Gehbehinderung des geschädigten Halters geringe Nutzung des Mietfahrzeugs unschädlich (AG Esslingen VersR 85, 1099).